„You are an IronMan“ - Zwei LSF´ler rocken den IronMan Hamburg (Wettkampfwochenende)
Teil 2 – Das Wettkampfwochenende
<Veronika und Thomas> Nun war es also so weit, dass lang ersehnte Wochenende und der Renntag standen an. Schon logistisch ist das eine wahre Meisterleistung und ohne Packlisten geht hier garnichts mehr :-). Das Auto also vollgepackt und ab nach Hamburg. Es ist Freitag. Wir checken schnell im Hotel ein und fahren dann mit dem Bus zum Rathausplatz.
Allein der erste Anblick auf den bereits aufgebauten Zieleinlauf lassen die Emotionen hochkochen. Es werden nicht die letzten Glückstränen sein an diesem Wochenende.
Ab zur Registrierung ins Zelt. Zu diesem Zeitpunkt regnet es wie aus Eimern, das kann ja heiter werden. Stolz halten wir wenig später unsere Startnummern in den Händen und tragen ab sofort den Chip am Arm, der uns Zutritt in die Athletenbereiche gewährt. Wieder fließen Tränen, unglaublich und mit Worten nicht zu beschreiben.
Wir gönnen uns noch einen Cappuccino und dann ab ins Hotel. Die vorletzte Nacht vorm Rennen ist wichtiger als die letzte, da man dort in der Regel sowieso kaum ein Auge zu bekommt.
Der Samstag. Tag der Vorbereitung. Heute wird alles in der Wechselzone positioniert, was man für den Wettkampf benötigt. Also, Bike Check In und die Abgabe der sorgfältig gepackten Tüten. Bloß nichts vergessen, sonst ist das Rennen gelaufen, bevor es überhaupt richtig begonnen hat. Was nicht abgegeben wird, kann am Renntag nicht mehr besorgt werden.
Noch ein Käffchen und ein Eis mit Freunden und dann zeitig zurück. Lecker essen und dann zur Ruhe kommen, was natürlich nicht so gut funktioniert. Die Anspannung steigt.
Sonntag. Raceday. Der Wecker klingelt um 2:15 Uhr. Eigentlich unmenschlich, aber das Rennen dauert halt auch viele Stunden. Also, Kaffee reinkübeln und das Frühstück auf der mitgebrachten Herdplatte ansetzen. 3 Uhr, der Haferflockenbrei sucht sich seinen Weg.
Um 4:20 Uhr sitzen wir in der U-Bahn Richtung Jungfernstieg. Danach geht es direkt noch einmal in die Wechselzone. Fahrräder noch einmal überprüfen, Luft aufpumpen und die Nahrung, Werkzeug und den Fahrradcomputer anbringen.
Die letzte Tüte haben wir heute Morgen dabei. Sie beinhaltet die Schwimmsachen und die frischen Klamotten für nach dem Rennen.
Die Zeit rennt. Also, nichts wie rein in den Neo. Das Einschwimmen wird Punkt 6:15 Uhr beendet und um 6:20 Uhr starten schon die ersten Profis. Wir stehen in einer Schlange mit knapp 3000 anderen Menschen und brauchen bis zum Schwimmstart noch etwa 30-40 Minuten, bis auch wir unsere Brille aufsetzen und in der Alster eintauchen.
Ab jetzt ist jeder auf sich allein gestellt und die nächsten 9 Stunden! werden wir nicht voneinander wissen, wie es dem anderen geht. Das einzige Manko, wenn man so etwas zusammen macht. Man macht sich doppelt Sorgen. Um sich, aber ganz besonders um den Partner.
Das Wasser ist ruhig und der Wettergott hatte ein Einsehen mit uns. Kein Regen gemeldet für heute. Der Wind wird allerdings noch eine gewichtige Rolle spielen. 3,8 Km lang ist die Strecke zum Schwimmen durch die Binnen- und Außenalster und sie scheint kein Ende zu nehmen. Das Gerangel an den Bojen und unter den engen Brücken ist kein schönes Gefühl. Letztendlich erreichen wir aber beide den Ausstieg direkt am Rathausplatz.
Leicht schwankend macht man sich von dort aus auf den Weg in die Wechselzone. Diese, so sagt man, ist die längste Wechselzone der Welt. Dementsprechend lange ist man Unterwegs. Mein Tracker zeigt später an, dass allein die beiden Wechsel mit über 1,2 Km Fußweg zu Buche schlagen.
Raus aus dem Neoprenanzug, Radschuhe und Brille anlegen, eine Kleinigkeit essen, pullern gehen und dann ab zu den Fahrradständern und raus auf die Piste.
Gut, dass wir eine Weste übergezogen haben, der nasse Einteiler kühlt im Wind ganz schön runter. 178 Km heißt es nun in zwei großen Runden zu bewältigen. Geht es anfangs noch durch die Stadt, über St. Pauli, Landungsbrücken und Bahnhof, kehrt schnell die Einsamkeit ein auf den endlos langen Strecken im Südosten Hamburgs.
Die Strecke ist oft holprig und die ersten Mitstreiter stehen mit einem platten Reifen am Straßenrand. Jetzt bloß ruhig bleiben, das Fahrrad wird schon halten. Wieder kreisen die Gedanken darum, wie es dem anderen wohl gerade ergehen mag. Ich fange an Schlager zu singen, um die Zeit zu überbrücken. 6,5 Stunden wollen gefüllt werden.
Die einzige Abwechslung sind die Verpflegungsstände alle 40 Km.
Ich nutze diese Gelegenheiten zum Gassi gehen und einen kurzen Schnack mit gleichgesinnten. Nur nicht zu lange aufhalten, die Cut-off Zeit von 9,5 Stunden für Schwimmen, ersten Wechsel und Rad fahren bloß nicht ankratzen, sonst kommt der Besenwagen und das Rennen ist gelaufen.
Veronika verliert gleich am Anfang zwei Ihrer Flaschen, weil die Straßen wirklich stellenweise sehr schlecht sind. Schnell einsammeln und weiter geht’s.
In der zweiten Runde frischt der Wind so stark auf, dass die letzten 40 Km wirklich brutal werden. Nur nicht zu viel Körner lassen, es steht ja noch ein Läufchen an.
Geschafft, fix das Fahrrad aufhängen und zurück zu den Klamottenbeuteln. Laufschuhe anziehen, Verpflegung umschnallen und los geht es auf die Laufstrecke. Jetzt „nur“ noch einen Marathon laufen.
Hier wird man anfangs noch von vielen Menschen angefeuert und unsere Freunde lassen einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Nach 2,5 Km am St. Pauli Zelt dann die wichtigste Information für mich. Unser Kollege gibt durch, dass Veronika gut im Rennen ist und auch bald die Wechselzone erreicht. Ein Glück, alles gut gegangen auf dem Rad. Auf der Laufstrecke sehen wir uns dann nach über 10 Stunden das erste Mal wieder. „Jetzt holen wir uns das Ding“, klare Ansage.
Die ersten beiden von 4 Runden laufen gut von der Hand. Erstaunlich, nach allem, was man schon hinter sich hat. In Runde 3 kommt es dann knüppeldicke. Die Beine werden schwer und jeder Schritt fängt an zu schmerzen und es sind noch über 20 Km abzuspulen. Die Ernährung passt, ein Energieloch haben wir durch die akribische Planung der Nahrungsaufnahme verhindern können.
Die Beine wollen allerdings nicht mehr so wie der Kopf das gerne hätte. Noch eine letzte Runde. Noch einmal über 10 km. Man hangelt sich von einem Verpflegungsstand zum nächsten und die Gehpausen werden immer länger. Irgendwie schafft man es dann aber doch wieder sein Lauftempo aufzunehmen. Eiserner Wille schlägt willenlosen Körper.
Dann für mich die Erlösung. Die Zielgrade mit dem roten Teppich und dem IronMan Zielbogen. Aber zuvor wird noch die Glocke gebimmelt, die allen Zuschauern zeigt, dass dies mein erster IronMan ist. Unsere Freundin schreit sich die Seele aus dem Leib und trägt mich damit die letzten Meter in das lang ersehnte Ziel. „Thomas, you are an IronMan“ klingt es durch die Lautsprecher. Mehr geht nicht, pures Glück, alle Schmerzen ausgeblendet.
Veronika ist noch unterwegs. Ein Rennleiter teil mir mit, wo sie sich befindet. Auch für sie sind die letzten Kilometer mit viel Schmerz verbunden. Der Körper ist geschwächt. Doch dann läuft auch sie auf den roten Teppich. Ihre tschechische Fahne weht über Ihrem Kopf und dann läutet auch sie die goldene Glocke. „Veronika, you are an IronMan“
Ich stehe im Zielbogen auf der anderen Seite. Die Rennleitung hat entschieden, dass ich die Medaille selbst umhängen darf. Unser Traum wird wahr. Wir stehen beide im Ziel und können unser Glück kaum fassen. Das wir bereits hier vom NDR gefilmt werden, denen wir später noch ein Interview geben dürfen, haben wir nicht gewusst und so landen wir letztendlich auch noch in den Abendnachrichten im Fernsehen. Unfassbar und ein schönes Dokument für die Ewigkeit.
Unsere lange Reise endet hier, aber im Kopf wird sie immer weiterleben.