Rennsteiglauf 2015

von Felix Levold

ein umfassender Bericht

Zum Event

Der Rennsteiglauf zählt wohl zu den promeninentesten Ultraläufen in Deutschland; vielleicht DER Ultralauf überhaupt.

In seiner in diesem Jahr 43. Auflage hat der Lauf als Gesamtveranstaltung dabei einen sehr hohen Reifegraf erreicht und lebt dabei von einer sehr professioellen Ausrichtung, die aber zugleich auch immer noch von dem familiären und persönlichen Engagement der zahllosen freiwilligen Helfer getragen wird.

Das Ganze ist vor dem Hintergrund von tausenden Läufern und noch mehr Walkern, die von verschiedenen Orten starten und an verschiedenen Orten ins Ziel laufen, gehen, kriechen und krauchen nur umso bermerkenswerter. Zum erkärten lokalen Programm zählt dabei auch, dass in der Versorgung sowohl an der Strecke wie auch an Start und Ziel bewusst auf lokale Produkte gesetzt wird: Köstritzer statt Erdinger, Afri statt Coca Cola und Thüringer Rostbratwurst so weit das Auge reicht.

Mein Erlebnis

Als reinem Flachlandtiroler war meine Grundthese: "Du hast keine Ahnung, was da auf Dich zukommt."

72,7 km und mehr als 1.800 Höhenmeter rauf und etwas weniger runter. Also 32,5 km länger und ungefähr 1.780 Höhenmeter mehr als mein Bestzeiten-Marathon in Rotterdam vier Wochen davor.

Auf dieser Basis hatte ich mir drei Dinge fest vorgenommen:

1. Bleib in der ersten Hälfte bei Deiner 3/2-Atmung (drei Schritte ein und zwei ausatmen) !

2. Iss und trinke soviel Du kannst !

3. Setz Dich nicht unter Druck !

Auf dieser Basis lag ich bei km 35 exakt bei vier Stunden; also noch knapp kürzer als der Hälfte. Hochgerechnet zeigte das entsprechend auf etwas in Richtung 8:15. Gerechnet habe ich da aber nicht.

Dafür gegessen. Und zwar alles ausser Wurst und Schmalzbrote. Dafür aber anderes Brot, viel Banane und natürlich Schleim. Hieß da wirklich so, war Haferschmleich, wurde in Bechern ausgeschenkt, schmeckte gar nicht so schlecht und brachte dafür Energie bei guter Bekömmlichkeit.

Das nächste Vorhaben war, nicht von dem gewerteten Ausstieg bei km 54,x angesogen zu werden wie von einem schwarzen Loch. Kurz nach Passieren der Biathlon-Arena von Oberhof (im Sommer ein Traum aus Beton und Asphalt ...) habe ich einen Mitläufer gefragt, wann denn dieser Ausstiegt kommt - und da lag der gerade hinter uns. Sehr gut!

Die letzten zehn Kilometer wurden dann aber noch richtig hart. Irgendjemand hatte mir zwischendurch erklärt, dass es dann fast "nur noch bergab" gehen würde. Das werde ich wohl nie mehr vergessen!

Als ich schon vor Schmerzen leise vor mich hin jammerte (und manchmal laut geschrien habe), sah ich am Hang unter mir irgendwann einen Läufer, der sich mitten im Lauf umdrehte, um den Rest des Gefälles rückwärts zu gehen ...

Das musste ich dann nicht ganz umsetzen und habe trotzdem, wo es einigermaßen flach genug war, noch etwas letztes Tempo bis ins Ziel gemacht.

Mit 8:11 bin ich dann im Rückblick in einer sehr stabilen Pace ins Ziel gekommen.

Hurra, geil, geschafft !!!

Das entspricht einem Schnitt von 6:45, was sich nach einem Schnitt von 4:50 beim Rotterdam-Marathon irgendwie langsam anhört. Mit einem Gesamtplatz 622 von 1.718 Männer liege ich damit aber für einen Flachlandtiroler im guten vorderen Feld. Man muss wohl doch den Höhenmetern Tribut zollen !

Gut mitgespielt hat das Wetter, bei dem zwischen etwas Regen und starken Schauern im Forecast noch alles dabei war. Herausgekommen ist ein freundliches, teilweise sonniges Wetter und nur ab und zu ein bisschen leichtem Regen zwischendurch. Zum Ende habe ich mir mein Langarm-Shirt wieder übergezogen, weil es "oben" bei knapp 1.000 Metern und frischem Winde doch etwas kühler wurde.

Meine Vorbereitung

Zugegeben: Ich habe von Anfang an gezweifelt, ob man wirklich gleichzeitig auf Marathon-Bestzeit und Ultra trainieren kann.

Mein Trainingsumfang lag insgesamt - und zum Teil deutlich - unter dem, was Steffny für einen normalen Marathon veranschlagt. Für den schnellen Marathon habe ich dabei auf zügige lange Läufe (30 km+ im 5er Schnitt) und schnelle Intervalle (bis 3 mal 5 km in 4:20) gesetzt.

Die Lauf-Umfänge, die in gängigen Ultra-Plänen vorgeschlagen werden, habe ich damit nie annähernd erreicht.

Dass ich beim Rennsteig dennoch meine Pace stabil bis ins Ziel halten konnte, dürfte - neben eisernem Willen - hauptsächlich an der Zahl der langen Läufer (seit Weihnachten) und vor allem an dem gezielten Training in der Fettverbrennung gelegen haben: 30 Km ohne Kalorie. Eine harte aber nachhaltige Variante, um den Körper auf Fettverbrennung zu trimmen und eine klare Zäsur zu meinen bisherigen Vorbereitungen, die ich nach Steffny überwiegend "gut ernährt" durchgeführt hatte.

Unsicher war ich auch, ob meine Knochen, Sehnen, Gelenke halten würden. Nach dem Madrid-Marathon noch mit einer Schwellung auf dem linken Sprung-Gelenk gesegnet, war das auch eine offene Frage. Enelbin-Paste und andere Laufschuhe sei Dank, hat alles gehalten. Selbst jetzt tut nichts weh, wenn ich nicht versuche, mich zu bewegen ...

Warum macht man so was eigentlich ?

Hatte mein "Chef" mich vor ein paar Wochen gefragt.

Ehrlich gesagt: Ich arbeite noch an der Antwort. Vielleicht, wenn ich in 35 Jahren meine Memoiren schreibe ...

Zumindest zeigt ja der Rennsteig, dass ich da nicht ganz alleine bin - und es viele andere nette Leute gibt, die sich mit ganz änlichen Dingen beschäftigen !

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