Europas Fußballhaupstadt kann auch Marathon - München 2013

von Sascha Jänicke

2013 wurde an der Isarstadt zum zweiten Mal in Folge die deutsche Meisterschaft über die Marathondistanz ausgetragen. Zugegeben, eher eine Meisterschaft von ambitionierten Amateuren. Die Profis, die Geld mit dem Sport verdienen, was bei der Meisterschaft nicht unbedingt der Fall ist, treten lieber bei lukrativeren Events auf und lassen München links liegen. Somit siegte z.B. bei den Männern eher ein Unbekannter in 2:18, dessen Bestzeit zuvor 2:26 betrug. Immer noch eine saugute Zeit, aber die deutsche Bestzeit liegt weit drunter. Dieser Amateurchrakter schreckte aber auch diese Jahr wieder einige Oldenburger Laufsportfreunde nicht ab. Axel und Sascha meldeten sich für den Marathon, Ines entschied sich für die kürzere Strecke über 10km.

Axel wollte bei bestem Laufwetter seine persönliche Bestzeit angreifen, blieb aber mit einer beeindruckenden Zeit von 2:52:46 nur knapp dahinter. Vielleicht trat er etwas die Bremse, da noch einige Tage des Wanderns der Laufreise folgen sollen.

Sascha hatte schon vor dem Start eine schnelle Zeit, respektive Bestzeit ausgeschlossen. Erstens war nicht genug Zeit für eine ideale Vorbereitung, Zweitens fehlte ein wenig die Motivation für die wichtigen langen, ruhigen Einheiten. Das Bahntraining und die kurzen Läufe fanden in den vergangenen Wochen/Monaten mehr Anklang bei ihm. Grund der Meldung beim Münchenmarathon war, dass ein Münchner Freund (Felix) sein Laufdebüt über die Marathondistanz gab. Diesem hatte er im Vorfeld schon mit Rat und Tat zur Seite gestanden, da wollte er auch am Start neben im stehen. Immerhin kann er auf 7 Jahre (11 Stück) Marathonerfahrung zurückgreifen. Schnell war auch klar, dass Felix Jäckle sein Trainingsprogramm bilderbuchmäßig durchzog. Bis dahin war er nur für die Fitness regelmäßig um die 10km gelaufen, aber noch nie einen Wettkampf. 6 Monate intensive Vorbereitung sollten ihn fit machen. Spätestens sein Wettkampfdebüt über die Halbmarathonstrecke vor zwei Monaten (1:38)zeigte, dass er auf einem guten Weg war. Aufgrund Saschas suboptimalen und Felix idealen Vorbereitung entschieden sie sich, gemeinsam die 3:30 anzugehen.

Beim ruhigen Traben am Freitag vor dem Wettkampf ging beiden ein wenig die Muffe. Vier Grad zeigte das Thermometer dazu ein wolkenbehangener Himmel, der auch noch die Vorboten des Winters entlud. Bei Schneeregen ging es fröstelnd durch den englischen Garten. Eines war klar, der Oldenburger hatte auf die falsche Kleiderwahl gesetzt. Notfallplan->Kleiderdiscounter.

Der Tag der Entscheidung präsentierte sich dann überraschend freundlich. Bei Sonnenschein und akzeptablen Temperaturen ging es im Olympiapark an den Start. Auf dem Weg dorthin fand in der U-Bahn das anschwitzen statt. Mütze und dicke Jacke hätte man vielleicht doch besser daheim, oder noch besser, beim Discounter gelassen. Man hätte dem inneren Protest folgen sollen.

Mit 7800 Marathonläufern war es der bisher kleinste Marathon den Sascha bestritten hat. Ein überschauliches Starterfeld, was zum dörflichen Charakter der Großstadt München passt. Anfangs war es aufgrund der Streckenführung ganz schön eng, schmale Wege im englsichen Garten und überholdende Staffelläufer strengten etwas an. Insgesamt war die Stecke aber wunderschön, viele schöne Ecke konnte man sehen, wenn man ein Auge dafür hatte. Abgelenkt wurde man nur wenig. Die Stimmung (welche Stimmung fragt sich da der Teilnehmer) ist leider nicht zu vergleichen mit Hamburg, Berlin und Köln, wo man nur wenige Kilometer allein mit sich und dem Marathongedanken ist. Die Ruhe hat aber einen entscheidenden Vorteil, man kann in sich reinhören und sein eigenes, nicht von außen künstlich hochgepuschtes, Tempo laufen.

Ab km 35 würde man allerdings gerne drauf verzichten und sich antreiben, von den Massen tragen lassen. Wenn dann auch noch Sprüche kommen wie „eh du Flasche“, ist man fast am Ende, aber leider nicht am Ende der Strecke. Schnell stellte sich aber raus, dass der Typ mit dem Erdingerflaschenkostüm gemeint war, der gerade an Sascha vorbei zog. Die anfangs erwähnte Marathonerfahrung nützt ihm beim absoluten Tiefpunkt auch nur noch wenig. Wenn das Knie schmerzt, die Oberschenkel brennen, der Magen krampft und enormer Druck auf der Brust liegt, fällt es schwer sich allein aufgrund der mentalen Stärke nach vorne zu treiben. Auch die mahnenden Worte von Paul Averhoff, die noch im Ohr klangen, konnten Sascha nicht davor bewahren kurz stehen zu bleiben und Felix seinem Schicksaal zu übergeben. Er kam aber noch mit 3:29:37, nur 38 Sekunden hinter Felix, ins Ziel. Dieser quälte sich aber auch enorm und machte seine eigenen Erfahrungen. Sieben Gels und Bananen sind dann doch zu viel auf 42 km. Laut seiner Aussage war es auch der erste und letzte Marathonlauf. Aufgrund seiner guten Debützeit kann er auch getrost einen Haken hinter dem Vorhaben Marathon machen. Er will sich lieber, entsprechend dem allgemeinen Trend, dem HM widmen.

Die Kulisse beim Einlauf ins Olympiastadion konnte leider nicht mehr genossen werden, zu groß die Qual. Entsprechend kurz daher auch der Gedanke an die geschichtsträchtigen Ereignissen (Werders Meisterschaft 2004/ olympischen Spiel 1972) die hier geschrieben und heute von Axel, Ines und Sascha fortgeführt wurden. Auch wenn die Letzteren nicht an den Erfolg von Werner, Andreas und Peter aus dem Jahr 2012 anknüpfen konnten. Genau vor einem Jahr sicherten die sich, an gleicher Stelle, den zweiten Platz in der Teamwertung M60 (Marathon) bei den deutschen Meisterschaften.

Fazit, ein netter Marathon, aber nicht der stimmungsfollste. Organisation vor und während des Marathons ganz gut. Schmerzend nur, dass man nach dem Marathon noch vom Feld des Stadions die Treppen hoch zur Ebene 0 muss. Nicht jeder kam da auf anhieb hoch. Aber man konnte sich, bei bester Verpflegung, auf dem Kustrasen ausruhen und später einen zweiten Versuch unternehmen.

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