2. Etappe: Im Müllbeutel Richtung Plaggenburg

von Antje Jacobs


<Volker A.> "Ossiloop, wie wir ihn kennen und lieben." Was soll das denn heißen? Mit dem Schreiber des Berichts zur ersten Etappe muss ich dringend mal ein Wörtchen reden. Denn auf der zweiten Etappe zeigte der Ossiloop sein böses Gesicht. Der Lauf von Dunum nach Plaggenburg fühlte sich an wie ein dreckiger Boxkampf. Nicht über 12 Runden, aber über 12 Kilometer. Blutig und schmerzhaft, unter widrigsten Bedingungen. Also was hat sich der Autor nur dabei gedacht?

Aber der Reihe nach. Pünktlich setzte sich die Reisegruppe schon bei sehr bescheidenem Wetter Richtung Ostfriesland in Bewegung. Dachte man noch in Oldenburg, schlechter kann es nicht werden, wurde man im endlos öden Dunum eines Besseren belehrt. Ist es auf der Startetappe noch die fiese steife Brise gewesen, war im Niemandsland Dunum eindeutig Wasser das bestimmende Element. Es gab Regen von oben, von vorne, von hinten. Ich glaube sogar von unten. Da blieb kein Schuh trocken.

Zumindest war die Kleiderfrage diesmal schnell beantwortet. Statt ultramoderner und sündhaft teurer Funktionskleidung war der "Olchi-Look" angesagt: Rein in den Müllbeutel. Im Bus wurden Schnittmuster für gelbe und blaue Müllsäcke diskutiert. Wie viele Löcher müssen geschnitten oder gerissen werden? Passt der Astralkörper eigentlich noch in einen handelsüblichen Müllbeutel, oder muss es eher etwas Größeres sein? Manche hatten in weiser Voraussicht auch ein süßes Regencape eingepackt oder griffen auf die Notfalvariante zurück. Die Rettungsdecke aus dem Erste-Hilfe-Kasten ist ein Geheimtipp. Sie hält nicht nur trocken, sie hält auch warm und hat Größe 4XXL: Da findet eine halbe Mannschaft drunter Platz. Anders als die knallenge rosfarbene Gummi-Badekappe, die im LSF-Bus gesehen und getragen wurde. Bei dem Dauerregen sicher eine originelle Idee. Sie hält den Kopf trocken. Aber da das offizielle Regelwerk des Ossiloop nicht auf das Tragen von Badekappen eingeht und man einer Disqualifikation aus dem Weg gehen wollte, blieb das gute Stück letztlich wohl doch in der Sporttasche.

Der Busfahrer hatte vermutlich auch aufgrund des miesen Wetters Mitleid mit uns. Oder hat er einfach keine Haltemöglichkeit auf der fünfspurigen Dunumer Stadtautobahn gefunden? Mehrfach fuhren wir am Startbereich vorbei. Egal, alle haben diesen tollen Service dankbar angenommen. Konnte man doch so maximal lange im Warmen und Trockenen sitzen.

Während es im Bus also noch zuging wie in einer Schneiderei für Plastiktüten, konnte auch die schnellste LSF-Coiffeurin noch flugs ihr Handwerk zeigen. Mit den typisch grünen und orangenen Haargummis gingen die Damenmannschaften dann frisch gestylt an den Start. Ob die Frisuren bis zum Startschuss gehalten haben? Vermutlich nicht, da hätte wohl auch 3-Wetter-Taft nicht geholfen. Aber eine Badekappe vielleicht?

Auf der Strecke ist einem die Wetterlage ja eigentlich vollkommen egal. Dann gilt es nur, sich bis zum Ziel durchzubeißen. Aber es gibt halt Tage, da verflucht man solche Läufe aus anderen Gründen: Schmerz, Luft, Muskeln, Knochen. Wie erwähnt, für einige Laufsportfreunde fühlte es sich an wie ein Boxkampf. Auf den ersten Kilometern geht es wie in den ersten Runden beim Boxen noch angenehm zu. Die Beine sind locker, man fühlt sich gut und tänzelt mit lockerem Schritt über die matschigen Straßen Ostfrieslands. Ab dem 8. Kilometer, oder Runde 8, kann es schmerzhaft werden. Die Luft wird knapp, die Beine wollen nicht mehr richtig und es fühlt sich an, als würde man so manchen Tiefschlag einstecken müssen. Mit jeder Runde geht es mehr auf die Knochen und die Muskeln brennen.

Einer rutschte aus, legte sich auf die Bretter, machte sich auf dem Schotter lang und zog sich eine blutende Wunde zu. Liegenbleiben war keine Option. Sofort wieder auf den Beinen und im Laufschritt wurden dankend noch die Haltungsnoten vom Publikum angenommen. In der Fallwertung eine glatte 10 von 10.

Ein anderer LSF-Läufer musste das hohe Tempo mit einigen Gehpausen zum Durchatmen bezahlen. Die Luft war einfach weg wie nach einem Leberhaken. Oder der LSFler, der im Ziel völlig erschöpft fluchte, er möchte lieber wieder Fußballspielen. Da können in einer Schwächephase die Mitspieler einspringen und man kann sich ruhig mal eine Auszeit gönnen. Anders als beim Laufen. Da wird man an einem schlechten Tag auf jedem Kilometer gut und gerne mal verdroschen wie ein Kneipenschläger vom Kirmesboxer. Und so vermöbelt fühlte er sich im Zielbereich. Eine technischer K.O.! Aber die Runden überstanden und aufrecht in Plaggenburg angekommen ;-).

Da fragt man sich auf den endlos wirkenden Kilometern aber mit Recht: warum werfe ich nicht einfach das Handtuch und gehe zum Angeln? Warum tut man sich so eine Quälerei in Ostfriesland an? Sechs mal! Wie sagte doch der berühmte Boxer Rocky Balboa: "Der Punkt ist nicht der, wie hart du zuschlagen kannst. Es zählt bloß, wie viele Schläge du einstecken kannst und trotzdem weitermachst." Das mag vielleicht der Grund sein. Aber wir sind ja nicht beim Boxen. Sondern beim Ossiloop. Und nach Bier und Bratwurst ging es allen Laufsportfreunden wieder gut. Also Tempo rausnehmen, und wieder an den Start gehen. Wir sehen uns…

Instagram Reel Etappen 1 und 2:
https://www.instagram.com/reel/Crnm_NpgkEP/

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