"Seid ihr reif für die Insel?"

von Sascha Jänicke

„Seid ihr reif für die Insel?“, rief der Veranstalter des 37. Syltlauf pünktlich um 10:00 Uhr. Und kurz darauf: „Das hab ich schon mal lauter gehört.“ -Ja, da waren bestimmt nicht alle bis unter die Augen vermummt.- Also nochmal. „Seid Ihr reif für die Insel? -JA! Und so schickten Franz Beilmann, vom TSV Tinnum 66 und der Meermann Ekke Nekkepenn*, die rund 1.400 gemeldeten Läufer mit viel Glück auf die Strecke und den Hinweisen es langsam angehen zu lassen, genug zu trinken und lieber am Ende auszusteigen, als zu meinen es mit Gewalt ins Ziel schaffen zu müssen. Denn nach exakt vier Stunden wird die Zeitnahme gestoppt und abgebaut. Läufer die kurz danach noch ins Ziel kommen, erhalten zwar noch Ihre Medaille, erscheinen aber nicht mehr in den Ergebnislisten. So wird es seit 37 Jahren gemacht und daran wird sich auch nichts ändern. Auch fährt der letzte Bus nach 5 Stunden vom Zielbereich wieder zurück nach Westerland.

Ekke Nekkepenn hatte aber so sein ganz eigenes Ding mit den Läufern vor und stellte die wohl schwersten und härtesten Bedingungen seit 13 Jahren.

Ich wusste, dass die Temperaturen an dem Wochenende um den Gefrierpunkt sein sollten, aber durch den starken Ostwind hatten wir an dem Tag gefühlte Minus 12° und ich überlegte lange, ob ich die neue Vereinsjacke während des Laufs tragen sollte. Eine Läuferin rief mir zu „Behalte sie an, behalte einfach alles an“. Und das war auch gut so.

Die gesamte Veranstaltung ist gut durchorganisiert. Am Lauftag wird man mit Bussen von unterschiedlichen Sammelpunkten auf der Insel nach Hörnum zum Start gefahren. Dort kann man sich in der Jugendherberge umziehen und im Warmen verweilen, bevor man nach draußen in die Kälte geht um erst seine Tasche im Bekleidungsbus zu deponieren und anschließend zum Start zu laufen. Nach dem Start ging es auf der Straße und später auf dem Radweg durch Rantum um dort mit kaiserlicher Motivation (Judith und Ralf standen dort an der Strecke und haben kräftig angefeuert) nach Westerland weiter zu laufen. Kurz vor Westerland bogen wir von der Straße rechts ab, an dem Campingplatz und dem kleinem Wald vorbei, In Richtung Strand und Kurpromenade. Dort an vielen Menschen und der Strandmuschel vorbei und weiter über Wenningstedt nach Kampen.


Eine kleine Anekdote vom Busfahrer. Wenn man in Kampen aus dem Bus steigt und etwas im Gebüsch rascheln hört, so ist das kein Laub, sondern es sind Geldscheine. Hinter Kampen ging es dann in einer Kurve in Richtung Nord-Ost. Dort bekam man bereits einen kleinen Vorgeschmack auf das, was einen noch erwarten wird und der Wind wehte mir kräftig durch die Jacke. Die Strecke führte jenseits der Straßen weiter durch das Klappholtal, vorbei an Kurheimen, die vor 20 Jahren genauso aussahen wie jetzt. „Das geht sich jetzt genauso schnell wie laufen“, sagte eine ältere Läuferin zu mir und später lief Sie dann an mir vorbei. Bei KM 28 führte die Strecke mit einer scharfen Kurve nach Osten und man war dem kalten Ostwind nun schutzlos ausgesetzt. Jetzt suchte man sich nur noch einen Windschatten in dem man laufen konnte, wenigstens eine Zeitlang bis der Windschatten dann selber stehenblieb und nur noch weitergehen konnte. Dann hieß es wieder Zähne zusammen und entweder langsam weiterlaufen oder flott weitergehen. Das Gehen sparte zwar Kraft ein, man kühlte aber viel zu schnell aus und fing an zu frieren.


Trotz der fünf Schichten an Laufklamotten. Irgendwann war Km 30 auf dem Weg aufgemalt und Km 31 und 32. Ich hatte die letzten Jahre völlig vergessen wie weit 1.000 Meter sein können. Dann kam noch eine Läuferin vom Tinnum 66 vorbei und motivierte ihr zu folgen, was auch ich gerne tat. Sie lief noch bis zur letzte Kurve mit und ließ uns die letzten 500 Meter mal ganz ohne Gegenwind und plötzlich auch wieder mit ganz leichten Beinen alleine ins Ziel laufen.

GESCHAFFT!

Im Ziel erhielten alle Frauen zuerst eine langstielige Rose. Dann ging es weiter in die Sporthalle, wo jeder seine mehr als verdiente Medaille erhielt. Hier gab es auch Verpflegung: Bananen in Zimmertemperatur (war die Verpflegung unterwegs doch fast gefroren, bis auf den warmen ISO, erfreulicherweise wurden alle Getränke übrigens in Pappbechern serviert), noch mehr ISO, warmen Zitronentee und heiße Brühe. Schnell noch einen Blick auf die Ergebnislisten. Erster Mann war in 2:09:33 und die erste Frau in 2:24:17 im Ziel. Respekt. Liegen die Streckenrekorde doch bei 1:51:51 und 2:11:09.

Über einen Hof und durch eine weitere Halle hindurch führte der Weg zu den Bekleidungsbussen und dem Bustransfer zurück nach Westerland, zur Sylter Welle, die für alle Läufer mit Startnummer zur Verfügung stand.

Schnellste LSF-ler waren Franz-Josef Lienland in 3:28:05 (4.AK M70) und Antje Lachmann in 3:52:29 (33.AK W50)

Impressionen:

https://www.sylt-tv.com/frauen-maenner-staffel-sieger-beim-syltlauf-2018.html

*Ekke Nekkepenn ist ein der Fabelwelt entsprungener Meermann, der tief unter der Nordsee lebt. Er wollte Inge aus Rantum zu seiner neuen Frau machen, da die seine bereits alt und faltig geworden war. Inge konnte sich aber mit einer List befreien (ähnl. Rumpelstilzchen). Seitdem ist der Meermann der Insel alles andere als wohlgesonnen und treibt manch einen Schabernack.

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